Ich habe das Buch „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ von Hannah Arendt nie gelesen. Trotzdem wurde meine Vorstellung von der Persönlichkeit Eichmanns bis vor kurzen von dieser Idee des „banalen Bösen“ bestimmt. Also von einem Verwalter, für den es im Prinzip keinen Unterschied macht, ob sein Arbeit darin besteht irgendwelche Waren effizient von A nach B zu transportieren, oder Millionen Menschen in den Tod zu schicken. Ist nun mal sein Job.
Ich war deswegen etwas überrascht, als ich gestern in der Online-Presse ein Interview mit Gabriel Bach, dem stellvertretenden Ankläger im Verfahren gegen Eichmann gelesen habe. Laut ihm war Eichmann geradezu besessen von der Judenvernichtung. So sehr, dass er sogar versuchte eine Vereinbarung zwischen Hitler und Ungarns Reichsverweser Miklós Horthy zur Rettung von 8.700 jüdischen Familien zu hintergehen. Er war auch kein reiner „Schreibtischtäter“. Er fuhr höcht persönlich nach Auschwitz um die Judenvernichtung zu „optimieren“ – danach wurden dort pro Tag 12.000 statt bisher 10.000 Juden ermordet.
Der britische Historiker David Cesarani kritisiert in „Becoming Eichmann: Rethinking the Life, Crimes and Trial of a ‚Desk Murderer’“ das Buch von Arendt ausgiebig und präsentiert Belege für Eichmanns extremen Antisemitismus.